Eindeutiges und Definitives braucht keine Bilder. Bilder entstehen für mich, wo Worte aufhören und das Vage und Ungefähre zuhause ist.  Widersprüchlichkeiten, Zwischenräume. All jenes ist dem Menschen zutiefst zu eigen. Ich möchte es aufspüren und aufzeigen.

Als ausgebildeter Architekt bin ich zu einem großen Teil zu dem geworden, was die Architektur als Wesen in sich trägt. Ein Brückenbauer zwischen der geistigen Idee und dem materialisiertem Werk. Im besten Fall verkörpert es diese Idee, indem sie ablesbar und spürbar geblieben ist. Allzu oft ist dies nicht der Fall. Viele externe Regeln, Zwänge und Bedingtheiten lassen den Glanz einer Idee verblassen oder ganz verschwinden. Pragmatik schreibt ihre eigenen Gesetze, trotzdem ich stets versuche mit ihr zu arbeiten. Man kann darin große Qualitäten oder gar eine Gesetzmäßigkeit des Lebens selbst sehen; man kann darin aber auch einen Verlust erkennen. Immer häufiger entdecke ich, dass für mich Letzteres überwiegt. Der Verlust der feinen Zwischentöne und Nuancen durch kompromittierende Entscheidungen hinterlässt kaum heilbare Fehlstellen.

Bilder schaffen dagegen eine eigene Welt, in der Fragen gestellt und unbeantwortet bleiben. Und wenn sich doch mal eine Antwort aufdrängt so hat sie bei einem guten Bild keinen Bestand. Nur das Unbestimmbare bleibt. In diesem unentwegtem Versuch sich darüber Klarheit zu verschaffen, liegt für mich aller Anlass meines Arbeitens.

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Diese Bildreihe zeigt Farbschichtungen, die in einem bestimmten Zeitraum, in einem bestimmten Rhythmus und in jeweils einem Farbton als nicht deckende Lasur aufgetragen wurden. Es verbildlicht für mich mehr als bisher alle anderen Bilder von mir den Prozess des Entstehens. Das Bild „wächst“ von Schicht zu Schicht, aufsteigend, sich ausbreitend, auf eine und sehr ruhige Weise. Die Schichten variieren leicht in ihrer Kontur als würden sie in Bewegung sein und leicht fließen – ganz dem Wesen der Aquarellfarbe entsprechend. Der dem Aquarell eigene ephemere Charakter wandelt sich zunehmend von Schicht zu Schicht in eine konsistente Anmutung und scheint sich – an einem seltsamerweise kaum bestimmbaren Punkt – materiell zu verkörpern. Der eben noch zarte Untergrund, das Papier, trägt zu diesem Eindruck der Wandlung bei und zeigt sich in seiner vorher ungesehenen ebenso rauhen Oberfläche.

Ränder beschreiben grundsätzlich ein Art Grenze oder Kontur zwischen zwei unterschiedlichen Flächen oder Räumen, sie beinhalten aber etwas Unbestimmteres, oft eher eine Art von Bereich. Ihnen ist etwas Lineares zu eigen ohne zwangsläufig eine Linie zu sein. Ein Rand ist also das dritte Element zwischen zwei Phänomenen, welches zwangsläufig entsteht und im Allgemeinen weniger Beachtung findet. In der Tat ist der Rand damit eine Art „Randerscheinung“. In der Auseinandersetzung mit dem Thema der Ränder in meinen  Bildern komme ich stetig mehr zu der Annahme, dass eine Verschiebung des Betrachtungsfocus – also weg vom Objekthaften und eindeutig Benennbaren, hin zu deren Grenzbereichen, den Rändern, den Orten der Berührung – in dem Sinne produktiv ist, alsdass eine Betrachtung der Randbereiche eine Komplexität eröffnet, die sich unmittelbar mit unserer Einschätzung zur Beziehungsqualität beider Phänomene rückkoppelt. Der Rand, das ehemals linear Angenommene, wird selber zum Raum- zum Interpretations- und Assoziationsraum.

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Die Bilderreihe „flow“ beschäftigt sich mit Phänomenen, die man mit den Gegensatzpaaren fest - bewegt, organisch - tektonisch oder geformt - formlos beschreiben könnte. Alle Einzelbilder entstehen in ein und derselben Systematik. Gefärbtes Wassers wird in Form gegossen (Glas), gefroren und auf Papier wieder geschmolzen. Dieser Schmelz- bzw. Fließvorgang lässt das Bild entstehen bis die Trocknung es beendet. Die Bilder tragen somit eine Rhythmik verschiedener Aggregatzustände gefärbten Wassers in sich. Geformtes und Formloses wechseln miteinander.

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Diese zeichnerische Bildreihe versucht anhand von Linien die von mir in der Ferne beobachteten landschaftlichen Konturen nachzuziehen. Genauigkeit ist dem Sehen kaum gegeben, weil Kontraste verschwimmen oder sich auflösen. Dennoch erzwingt die Konzeption der stetig mit gleichem Druck (nach)gezeichneten Lineatur eine Festlegung. Zwar suggeriert sie über ihren Habitus Präzision und Klarheit, entstehen konnte sie aber oft nur mit einer kalkulierten leichtsinnigen Fahrlässigkeit. Durch die gewollte Abstraktion der gesehenen Komplexität werden Grenzen gezogen, die „in Wirklichkeit“ keine sind. Stattdessen lassen sie eine eigene „erzeichnete“ Weltsicht entstehen. Je nach Dichte eines Liniennetzes entstehen neue, bildeigene Unschärfen.

Die Arbeitsreihe „Netze“ arbeitet mit diesen Abstraktionsansatz weiter und überführt die aus dem Raum (Landschaft) entlehnte und in die Fläche (Linienzeichnung) transportierte Vorgabe zurück in den Raum.

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Mir geht es in dieser Art der Zeichnung sehr stark um das Ausloten der Ausdruckskräfte von Linien. Nur selten lassen sich Tiere in Ruhe, das heißt „in Gänze“ zeichnen. Meist bleibt es, notgedrungen, bei einer flüchtigen und kurzen Skizze, die oft unvollständig bleibt. Die Schnelligkeit der Linie und das Fragmentarische führen zu Bildentwürfen, welche ihren Reiz in der eingefangenen Bewegung haben. Oft scheint die Bewegung in der Betrachtung fortzubestehen.

Unsere Wahrnehmung mit den Augen ist ja – wenn man die Art des eigenen Sehens genau betrachtet – grundsätzlich etwas, das sich nicht fixiert und in ständiger Bewegung ist. Andauernd wandert der Fokus des Blicks hin und her, verlässt den einen Punkt und heftet sich, wenn auch nur für einen winzigen Moment, an etwas Neues.

Insofern bilden die Zeichnungen die Flüchtigkeit des Motivs und der eigenen Wahrnehmung ab.

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Die Kreisdrucke entstanden mit Hilfe von alten vorgefundenen Gläsern. Bei der Übernahme eines Hauses mit samt dessen kompletten Hausstands, den wir entsorgen mussten, gab es für mich den Impuls manchen Dingen eine Sichtbarkeit zu hinterlassen bevor sie aus der Welt verschwinden würden. Also tauchte ich eine Reihe von Gläsern in Farbe und „stempelte“ sie auf sehr einfache Art und in simpler Reihung. Was entstand war für mich erstaunlich ausdrucksstark. Die Massierung entsprach der Anzahl an Dingen, denen ich mich ausgesetzt fühlte und kaum gerecht zu werden vermochte. Die Unterschiedlichkeit jedes einzelnen Abdrucks aber stand dem entgegen und zeigte auf, was ebenso in den Dingen spürbar war – eine schier unzählbare Ansammlung an Einzelereignissen, die mit ihnen erlebt wurden; die sie „erlebt“ hatten. Jedes einzigartig und nicht wiederholbar.

Die Bilder verdichten dieses in mir erlebte ambivalentes Grundgefühl.

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In dieser Reihe interessierte mich das Zusammenspiel aus dem tektonischen Fügen einfacher geometrischer Flächen und der Farbwirkung.

Die Flächen deuten durch die partiellen Überlagerungen und Schichtungen Räumlichkeit an. Es entsteht also nicht nur ein „Daneben, Darüber, Darunter“ sondern ebenso ein „Davor und Dahinter“. Im Wesentlichen suchen die gesetzten Flächen die uns gewohnte Ordnung der Orthogonalität. Aber es gibt stets Abweichungen. Die Flächen sind aus dem „Fleck“ heraus gezeichnet, sehr intuitiv, zügig. Sie verstehen sich eher als freie, lockere Komposition statt als kalkulierte Konstruktion. Die Spannung der Formen zueinander entsteht durch das intensive Einbeziehen des Bildgrundes. Ein Teil der Gesamtfläche bleibt stets weiß bestehen. Durch die Überlagerungen der Gelbflächen entstehen aus zarten, ätherischen Anlagen sich steigernde Intensitäten. Das Gelb bleibt dabei stets bewegt und dynamisch und scheint sich weiter ausdehnen zu wollen.

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Die Reihe „Farbberührungen“ verfolgt die malerische Begegnung jeweils zweier Aquarellfarben. Die Farben werden zeitversetzt aufgebracht. Je nach Trocknungszustand der bereits vorhandenen, der entstandenen Wölbung des Papiers oder des aufgebrachten Wasseranteils entstehen nur sehr begrenzt kontrollierbare farbliche Überlagerungen, Vermischungen oder Verläufe - die Farbberührungen. Diverse Typologien entstehen trotz oder wegen dieser einfachen Vorgehensweise: Zärtliches, Dominantes, Eindringendes - und nicht selten steigern sich die Farben gegenseitig in ihrer Wirkkraft. Konzeptuell und praktisch tritt immer das Gewollte zugunsten des Geschehenlassens in den Hintergrund.

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Die Aktzeichnung bildet seit Jahrhunderten einen elementaren Teil der künstlerischen Ausbildung ab. Sie gilt als Grundlage zur Untersuchung der Natur des Menschen nach humanistischem Vorbild.

Mich interessiert an der Aktzeichnung ein bestimmter Aspekt des Menschlichen, und zwar dessen Verletzlichkeit bzw. Vergänglichkeit. Nackt kommen wir auf diese Welt und sind darauf angewiesen uns einzuhüllen. In Kleidung, in Räume. Nackt sind wir der Welt schutzlos ausgeliefert, aber gleichzeitig auch am empfindsamsten. Berührbarkeit und Verletzbarkeit bedingen sich.

Als Medium wähle ich stets das Aquarell. Es ist für mich der Versuch die Körperlichkeit zu überwinden, um das Wesen dahinter zu suchen. Es geht mir hierbei nicht um das Finden einer bestimmten ästhetischen Form oder einer naturalistischen Reproduktion des Gesehenen. Die Figur zeichne – oder male – ich aus dem Inneren heraus, vom Fleck in relativ hoher Geschwindigkeit. Die Konturen ergeben sich erst über dies Ausdehnung der Form auf dem Blatt und sind wenig kontrollierbar. Es ist sowohl möglich, dass ein Modell den Anlass zur Zeichnung bietet oder eine innere Bewegung.

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Diese Bildserie geht zurück auf ein Workshop mit ukrainischen Studierenden der Literaturwissenschaft im Jahr 2014. Die Stadt Chernowitz schaut historisch auf eine Vielzahl an Literaten, unter anderem Rose Ausländer, deren Werk mich seit langer Zeit beeinflusst.

Eine Reihe an Drucken mit alten in unserem Haus gefundenen Holzlettern ist entstanden, in denen ich mit den wenigen Buchstaben R-O-S-E und T experimentiere. Natürlich alles in der Farbe ROT.

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Handschriften haben für mich etwas Faszinierendes. Manche wollen darin einen Charakter ablesen können. Handschrift bekommt nach einiger Zeit einen Charakter, wie ich meine. Sie ist ein tiefer individueller Ausdruck, der sich aber erst nach Jahren des „Richtigschreibenslernens“ in der Schule ausprägt – vorausgesetzt ein Mensch praktiziert es. Beim Schreiben berührt man die Welt. Körperlich, indem man mit der Hand den Stift führt, der das Papier berührt, welches auf einem Tisch liegt, der wiederum auf dem Erdboden steht. Gedanklich, welches einem im Inneren bewegt und dessen man einen Ausdruck verleihen möchte. Ich finde, das ist faszinierend.

Meine Bilder thematisieren nun diese Handschrift, indem sie ihre Form durch repetitiv geschriebene Begriffe finden, die sich überlagern und dadurch ihre klare Lesbarkeit und Botschaft verlieren. Ein Rhythmus, der dem eigenen Schreiben innewohnt, Eigenarten, die sich eingeschliffen haben bleiben spürbar bzw. verstärken sich.

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Diese kleinen, im Gegensatz zur Horizontaliät, aufrechtstehenden Bilder zeigen von der Bildidee einen denkbar einfachen Bildaufbau. Zwei Farbflächen, hier grün und weiß, werden in ein mehr oder weniger Oben und Unten gefügt. Soweit die technische Beschreibung. Bei genauer Betrachtung passiert deutlich Differenzierteres. Ein paar Worte zur Entstehung machen es deutlich. Ein zügiger Farbauftrag durch Tuch und Reibung erzeugt das „Ineinanderwischen“ beider Töne und einen Verlauf. Dieser spontan und intuitiv angelegte Farbverlauf wird nach dieser ersten „Setzung“ bildnerisch fixiert, indem er als Gegeben angenommen und in weiteren Arbeitsschritten vertiefend bearbeitet wird. Das leichte, durch die Reibung entstandene, Anrauhen der Pappoberfläche erzeugt einen materiellen Bildcharakter, der sich in den eher schleierartigen und immateriellen Eindruck der Bilder mischt.

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